Ein Webshop für BIPOC-Literatur

Foto: Hibat-Ullah Khelifi

Arwa Elabd hat eine Mission: Mit Bibliobox will sie dafür sorgen, dass die Bücherschränke diverser werden und Leser:innen leichteren Zugang finden zu Literatur von BIPOC. QAMAR hat sie gefragt, warum das so wichtig ist.

Wie würden Sie Bibliobox in nur einem Satz beschreiben?
Bibliobox ist ein Projekt, der darauf abzielt, unterrepräsentierten Autor:innen mehr Raum und Sichtbarkeit zu geben.

Was hat Sie dazu motiviert, Bibliobox zu gründen?
2018/19 habe ich an einer Schule in Wien unterrichtet, wo der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund recht hoch war. Meinen damaligen Schüler:innen wollte ich gerne Bücher zum Lesen geben, die ihre Lebensrealitäten darstellen. Bücher über Figuren, mit denen sie sich identifizieren konnten, oder über Themen, die ihnen vertraut waren. Aber das konnte ich nicht, weil die gängige Literatur im deutschsprachigen Raum leider noch sehr exklusiv ist – nämlich weiß und heteronormativ. Auch wenn ich Bücher fand (und diese Suche war langwierig), die eine BIPOC-Figur als Protagonist:in hatte, dann ging es in diesen Büchern immer um Themen wie Rassismus, Krieg, Trauma oder die Figuren wurden mit sehr vielen gesellschaftlichen Vorurteilen dargestellt. Seit damals trug ich diese Idee mit mir herum, eine Plattform zu schaffen, auf der man so gut wie ausschließlich Literatur von BIPOC-Autor:innen kaufen kann. In diesem Jahr, also 2020, habe ich diese Idee umgesetzt.

Warum ist es so wichtig, dass wir alle mehr Bücher von BIPOC-Autor:innen lesen?
Ich nehme mich als Beispiel. Vor drei Jahren habe ich im Rahmen einer Social-Media-Challenge beschlossen, ausschließlich Bücher von BIPOC-Autor:innen zu lesen. Erst dann ist mir aufgefallen, dass mir in den letzten Jahren unglaublich viel entgangen ist. Ich habe zum ersten Mal Bücher über mich und meine Lebenswelt gelesen und konnte mich mit einzelnen Charakteren gut identifizieren.
Ich habe realisiert, dass ich mir bis dahin alle Charaktere in Büchern in meinem Kopf als weiß vorgestellt hatte. Auch heute noch muss ich mir aktiv in Erinnerung rufen, dass die Charaktere aus Japan, Nigeria, Trinidad oder Kolumbien nicht weiß sein müssen. Es ist eine Notwendigkeit, Geschichten über Menschen zu lesen, die nicht zu unserem Mainstream gehören. Es erweitert unseren Horizont. Wir sehen Menschen. Wir lernen sie kennen. Wie die Autorin und Bildungswissenschafterin Rudine Sims Bishop einst sagte, funktionieren Bücher wie Fenster und Spiegel zugleich. Wir blicken durch sie hindurch und lernen andere Menschen, Religionen, Sprachen, sexuelle Orientierungen, Traditionen, Behinderungen, Kulturen etc. kennen. Gleichzeitig sehen wir uns selbst und können erkennen, dass wir nicht mit unseren Geschichten und Erlebnissen allein sind. Das zu vermitteln ist sehr wichtig.

Foto: Hibat-Ullah Khelifi

Sie lesen primär englischsprachige Bücher – warum?
Die Literatur im deutschsprachigen Raum ist sehr exklusiv. So viele großartige Bücher, die im englischsprachigen Raum schon vor Längerem auf den Bestsellerlisten standen, sind bei uns noch nicht einmal angekommen oder übersetzt worden. Das war mir lange gar nicht bewusst. In der englischsprachigen Literatur habe ich den persönlichen Zugang sowie Geschichten gefunden, die meine Realität widerspiegeln. Dasselbe gilt auch für Lebenswelten, über die ich mehr lernen wollte.

Welche Produkte bieten Sie an?
Da gibt es zunächst die Bibliobox. Sie besteht aus einem Buch und drei bis fünf Geschenken, die in Kooperation mit Unternehmer:innen und Künstler:innen entstehen, zum Beispiel handgemachte Lesezeichen. Jeden Monat erscheinen neue Boxen mit drei unterschiedlichen Romanen, damit man auch eine Auswahl hat. Wir haben zudem „Blind Dates with a Book“ im Angebot. Das sind Bücher, die man nur anhand von Stichworten kauft. Den Titel und die Schriftsteller:in erfährt man also erst beim Auspacken. Außerdem haben wir eine große Auswahl an gebrauchten Büchern, die sehr kostengünstig verkauft werden. Wir arbeiten gerade an ganz unterschiedlichen Konzepten und neuen Produkten, um Bibliobox noch attraktiver zu machen. Eines können wir versprechen: Es wird für alle etwas dabei sein!

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